WAS BEDEUTET FÜR MICH SPIRITUALITÄT

Spiritualität bedeutet für jeden etwas anderes, so viel war mir immer klar. Dem einen ist sie wichtig, dem anderen nicht. Für mich ist es so etwas wie das Finden einer geistigen Heimat. Insbesondere mag ich den Begriff mehr als Religiosität. Denn der hat etwas damit zu tun, dass Menschen Ehrfurcht haben vor einer Macht und aus Angst vor Strafe ein Leben leben, das von Selbstverleugnung bestimmt wird. Hier also meine Gedanken zum Thema.

Das geheimnissvolle DAO

Luisa von hierundtext.de fragt in ihrer Blogparade, was Spiritualität für uns Blogger bedeutet. Für mich war dieses Thema lange Zeit völlig uninteressant. Bis ich auf eine kleine Taschenbuchausgaben von Lao Tse´s Buch „Daodejing“ gestoßen bin.

Spiritualität – mein Schlüsselerlebnis

Von einem Schlüsselerlebnis zu sprechen wäre etwas viel des Guten. Ich habe mich seit je her für Asien und Kung-Fu-Filme interessiert. Ebenso für die Kultur. Ein Semester als Praktikant in China hat dazu beigetragen, dass meine Augen und Ohren immer offen standen für interessante Erkenntnisse. Angefacht wurde eine Art geistige Verwandlungsprozess schon durch die Samurai-Bücher von Tsunemoto Yamamoto. Schon dort wurde mir klar, dass wir Europäer nicht verstehen, wie stark unterschiedlich andere Länder die Welt sehen als wir.

Irgendwann stand ich im Second Hand Buchladen und hielt dann für einen Euro eine Mini-Ausgabe von Lao Tse „Tao Te King“ in der Hand. Als ich anfing darin zu lesen, fing mein Gehirn an zu rattern. Als Beispiele:

„Wenn auf Erden alle das Gute als gut erkennen,
so ist dadurch schon das Nichtgute gesetzt.“ (Lao Tse)

In dieser kurzen Passage sieht man schon, wie unüberlegt Menschen mit Begriffen wie: gut, richtig, wahr usw. umgehen. Vor allem die Religionen. Denn es ist tatsächlich so, dass man damit nur Gegensätze erschafft. Wenn jemand sagt, etwas sei richtig, dann sagt er damit irgendwie auch, dass alles andere es eben nicht ist.

„So auch der Berufene:
Er verweilt im Wirken ohne Handeln.
Er übt Belehrung ohne Reden.“

„Er erzeugt und besitzt nicht.
Erwirkt und behält nicht.“

Hier beschreibt Lao Tse in seiner typisch, chinesischen Zurückhaltung, wie sich der weise Mensch verhält. Es passt zu genau zu den Ansichten, welche Jahre später von den Buddhisten weitergeführt wurden. Stichwort: „Nicht anhaften…“

Ebenso typisch ist auch, dass nirgends das Wort Gott fällt und nirgends Regeln aufgestellt werden dazu, was man darf und nicht darf.

Das DAO wird lediglich als Kraft geschildert, die ihre Arbeit macht und dabei keine Rücksicht auf die Ansichten und Wünsche der Menschen nimmt. Das heißt wir haben keine Kontrolle und keinerlei Möglichkeit Einfluss auszuüben. Nicht durch Gebete und nicht durch unser Verhalten.

Ähnliches Gedankengut wird im Filmklassiker „Fight Club“ beschrieben. In der Szene, wo Brat Pitt zu Edward Norton sagt, er solle doch einfach mal das Steuer loslassen und den Versuch Dinge zu kontrollieren, die man nicht kontrollieren kann.

So laufen die Fäden zusammen.

Wie lebe ich meine Spiritualität aus?

Das Buch hat mich dahingehend verändert, dass ich dadurch angefangen habe mich für buddhistische Meditation und Philosophie zu interessieren. Diese Dinge haben mir klar gemacht, dass ich früher an zu vielen Dingen und vor allem Ansichten geklebt habe. Die meisten Handlungen der Menschen sind vom Ego getrieben und sie sehnen sich nach Macht und Anerkennung usw. Sie brauchen immer jemanden, der ihnen sagt, wie toll sie sind, ansonsten droht der geistige Kollaps.

Mir hat die Denkschule sehr dabei geholfen mich von moralischen Diktaten anderer zu verabschieden. Wenn man sich damit beschäftigt, dann merkt man erst, wie oft andere versuchen unsere Emotionen zu beeinflussen, um sie für sich zu nutzen.

So viele Angestellte haben zum Beispiel ein Pflichtgefühl für ihre Arbeit, weil sich sich vom Arbeitgeber haben emotional einfangen lassen. Wenn sie dann emotionslos gekündigt werden, dann brechen sie zusammen, weil ihre Phantasiewelt zerstört wurde. Bei mir ist das nicht. Ich bin immer neutral in die Arbeit gegangen. Die Firmen konnten mich nicht an sich binden und wenn ich mal meinen Job verloren habe, dann wars mir egal. Denn ob eine Veränderung gut oder schlecht ist, das wissen wir eh erst im Nachhinein. Daher löse ich das immer buddhistisch / daoistisch: nicht anhaften an der Vergangenheit, einfach schauen was jetzt kommt.

Diese Einstellung hat mir sehr geholfen in der Arbeit durchzuhalten und nebenher mein eigenes Ding zu machen. Ich war noch nie so glücklich wie jetzt.

2019-10-14T22:50:18+02:00
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